Ein AI Inventory ist ein Verzeichnis, das die eingesetzten Künstlichen Intelligenzen (KI) eines Unternehmens, einer Organisation oder einer Behörde auflistet. Es dient dazu, Transparenz über die Nutzung von KI zu schaffen und gesetzliche Vorgaben einzuhalten. Die rechtliche Notwendigkeit eines solchen Verzeichnisses ergibt sich aus verschiedenen Gesetzen, Verordnungen und Standards, die weltweit zunehmend an Bedeutung gewinnen.
I. Allgemeine Gründe für ein AI Inventory
- Transparenz:
- Ein Verzeichnis hilft, die eingesetzten KI-Systeme zu dokumentieren und deren Einsatz nachvollziehbar zu machen.
- Es erleichtert interne und externe Überprüfungen (z. B. durch Aufsichtsbehörden).
- Rechtskonformität:
- Viele gesetzliche und regulatorische Vorgaben setzen Transparenz und Nachvollziehbarkeit voraus, insbesondere im Bereich Datenschutz und Sicherheit.
- Risiko- und Haftungsmanagement:
- Ein AI Inventory hilft, potenzielle Risiken zu identifizieren und zu managen, insbesondere bei komplexen KI-Systemen, die autonome Entscheidungen treffen.
II. Rechtliche Grundlagen für ein AI Inventory
1. Europäische Regelungen
a) KI-Verordnung der EU (Artificial Intelligence Act, AI Act)
- Der kommende EU-AI Act fordert, dass Unternehmen und Organisationen ein Verzeichnis über die eingesetzten KI-Systeme führen.
- Pflichten für Hochrisiko-KI-Systeme:
- Dokumentation der Systeme und ihrer Entscheidungen.
- Transparenz über die Funktionsweise, Trainingsdaten und Sicherheitsmaßnahmen.
- Ziel: Gewährleistung von Fairness, Sicherheit und ethischer KI-Nutzung.
b) Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO)
- KI-Systeme, die personenbezogene Daten verarbeiten, unterliegen strengen Transparenz- und Nachweispflichten:
- Art. 30 DSGVO: Unternehmen müssen ein Verzeichnis von Verarbeitungstätigkeiten führen, das auch KI-Systeme umfasst.
- Art. 13 DSGVO: Betroffene Personen müssen über den Einsatz von automatisierten Entscheidungsprozessen informiert werden.
- Ein AI Inventory erleichtert die Einhaltung dieser Pflichten.
c) Ethik-Leitlinien der EU für vertrauenswürdige KI
- Die EU empfiehlt, dass Unternehmen KI-Systeme transparent machen und dokumentieren, um Vertrauen und Compliance sicherzustellen.
2. Nationale Regelungen in Deutschland
a) IT-Sicherheitsgesetz 2.0
- Kritische Infrastrukturen (z. B. Energie, Gesundheit, Verkehr) müssen Systeme dokumentieren, die KI nutzen.
- Ziel: Sicherstellung von Cybersicherheit und Resilienz.
b) Produkthaftungsgesetz
- Hersteller von KI-Produkten können haftbar gemacht werden, wenn die Systeme fehlerhaft sind.
- Ein AI Inventory ermöglicht es, Haftungsfragen zu klären und Systeme rückverfolgbar zu machen.
c) Betriebsverfassungsgesetz
- Bei KI-Systemen, die Arbeitnehmer betreffen (z. B. automatisierte Personalentscheidungen), ist der Betriebsrat einzubeziehen (§ 87 BetrVG).
- Ein Verzeichnis hilft, die Mitbestimmungspflichten zu erfüllen.
3. Internationale Vorgaben
a) OECD-Empfehlungen zur KI
- Die OECD fordert Transparenz und Nachvollziehbarkeit bei der Nutzung von KI.
- Ein AI Inventory wird als Best Practice empfohlen.
b) US Executive Order on AI
- Die US-Regierung verlangt von Behörden die Erstellung eines Verzeichnisses über KI-Systeme, um deren Einsatz zu regulieren.
c) ISO-Normen
- ISO/IEC 22989 (KI-Systeme – Konzept und Terminologie) fordert die Dokumentation und Transparenz von KI-Anwendungen.
III. Inhalte eines AI Inventory
Ein AI Inventory sollte folgende Informationen enthalten:
- Beschreibung der Systeme:
- Zweck und Einsatzbereich der KI.
- Funktionalität und Entscheidungslogik.
- Technische Details:
- Trainingsdaten und Algorithmen.
- Sicherheits- und Qualitätsmaßnahmen.
- Rechtliche und ethische Aspekte:
- Datenschutz- und Sicherheitsbewertungen.
- Erfüllung von ethischen Standards und gesetzlichen Vorgaben.
- Betroffene Personen:
- Dokumentation der Personen, die durch die KI betroffen sind (z. B. Kunden, Mitarbeiter).
IV. Vorteile eines AI Inventory
- Rechtskonformität:
- Unterstützung bei der Einhaltung von Gesetzen wie DSGVO und AI Act.
- Risikominimierung:
- Identifikation von Risiken, wie Diskriminierung oder Sicherheitslücken.
- Vertrauen und Akzeptanz:
- Transparenz stärkt das Vertrauen von Kunden, Mitarbeitern und Behörden.
- Effizienz:
- Zentrale Dokumentation erleichtert Audits und interne Kontrollen.
V. Herausforderungen bei der Umsetzung
- Komplexität:
- Die Erstellung eines umfassenden Verzeichnisses erfordert technische und rechtliche Expertise.
- Kosten:
- Aufbau und Pflege eines AI Inventory können ressourcenintensiv sein.
- Schnelle technologische Entwicklung:
- Dynamische Veränderungen bei KI-Systemen erfordern regelmäßige Aktualisierungen.
VI. Beispiele aus der Praxis
1. Großunternehmen
Ein internationaler Konzern nutzt ein zentrales AI Inventory, um alle KI-Systeme, z. B. für automatisierte Kundenservices und Betrugsprävention, zu dokumentieren. Dies erleichtert die Einhaltung der DSGVO und die Zusammenarbeit mit Aufsichtsbehörden.
2. Öffentliche Verwaltung
Eine Behörde führt ein Verzeichnis ihrer KI-Systeme (z. B. Gesichtserkennung oder Datenanalysen), um den Anforderungen des AI Act gerecht zu werden und Transparenz für Bürger zu schaffen.
VII. KI Verzeichnis
Ein AI Inventory ist nicht nur rechtlich notwendig, sondern auch praktisch sinnvoll, um die Transparenz, Sicherheit und ethische Nutzung von KI-Systemen sicherzustellen. Die Anforderungen durch den AI Act, die DSGVO und andere Regelwerke machen ein solches Verzeichnis zunehmend verpflichtend. Unternehmen und Organisationen sollten frühzeitig damit beginnen, ein AI Inventory zu erstellen, um zukünftigen gesetzlichen Vorgaben gerecht zu werden und Risiken zu minimieren.