KI-System-Audit

Die Auditierung von KI-Systemen ist ein essenzieller Prozess, um deren rechtliche, ethische und technische Konformität sicherzustellen. Sie umfasst die Prüfung der Einhaltung gesetzlicher Vorgaben, technischer Standards, ethischer Prinzipien und spezifischer vertraglicher Anforderungen. Nachfolgend eine umfassende Darstellung der rechtlichen und tatsächlichen Aspekte:


1. Ziel und Umfang der Auditierung

1.1. Ziel

  • Sicherheit: Vermeidung von Fehlfunktionen und Sicherheitsrisiken.
  • Rechtskonformität: Prüfung auf Einhaltung gesetzlicher Vorgaben, z. B. DSGVO, AI Act, Produkthaftungsgesetze.
  • Ethische Standards: Sicherstellung von Fairness, Transparenz und Nichtdiskriminierung.
  • Nachvollziehbarkeit: Sicherstellen, dass Entscheidungen der KI erklärbar und nachvollziehbar sind (Explainable AI).

1.2. Umfang

  • Technische Aspekte: Architektur, Algorithmen, Datensätze, Outputs.
  • Rechtliche Aspekte: Datenschutz, Produkthaftung, Urheberrecht, Lizenzrecht.
  • Organisatorische Aspekte: Prozesse, Verantwortlichkeiten, Dokumentation.

2. Rechtliche Aspekte der Auditierung

2.1. Datenschutzrecht

  • DSGVO:
    • Prüfung der rechtmäßigen Verarbeitung personenbezogener Daten (Art. 6 DSGVO).
    • Transparenzpflichten (Art. 13, 14 DSGVO).
    • Bewertung von Datenschutz-Folgenabschätzungen (Art. 35 DSGVO).
    • Rechte der Betroffenen, z. B. Auskunft, Löschung.
  • Beispiel: Ein KI-System verarbeitet Kundendaten für personalisierte Empfehlungen. Es muss geprüft werden, ob Einwilligungen korrekt eingeholt wurden.

2.2. Produkthaftung

  • Produkthaftungsrichtlinie (85/374/EWG):
    • Identifikation von Defekten, die Schäden verursachen können.
    • Haftung des Entwicklers, Herstellers oder Betreibers bei fehlerhafter KI.

2.3. KI-Verordnung (AI Act)

  • Einführung spezifischer Anforderungen:
    • Risikoklassen: Unzulässig, Hochrisiko, Geringes Risiko.
    • Anforderungen für Hochrisiko-KI (z. B. biometrische Identifikation):
      • Datenqualität.
      • Dokumentation und Nachvollziehbarkeit.
      • Robustheit und Sicherheit.

2.4. Urheberrecht

  • Prüfung der Trainingsdaten:
    • Verletzung von Urheberrechten bei der Verwendung geschützter Werke.
    • Rechte am Output der KI (fehlende menschliche Schöpfungshöhe).

2.5. Wettbewerbsrecht

  • Prüfung auf unlauteren Wettbewerb durch KI-Systeme:
    • Täuschung, z. B. durch Deepfakes.
    • Marktdominanz durch unverhältnismäßige Datensammlung.

2.6. Haftung

  • Haftungsmodelle:
    • Entwicklerhaftung: Für fehlerhafte Algorithmen.
    • Betreiberhaftung: Für den Einsatz der KI in konkreten Anwendungen.
    • Nutzerhaftung: Für die Verwendung von Outputs.

3. Tatsächliche Aspekte der Auditierung

3.1. Datenqualität

  • Prüfung von Trainingsdaten:
    • Qualität und Relevanz der Daten.
    • Bias-Analysen, um Diskriminierung zu vermeiden.
  • Beispiel: Eine Rekrutierungs-KI wird überprüft, um sicherzustellen, dass keine systematische Diskriminierung vorliegt.

3.2. Algorithmen

  • Technische Prüfung:
    • Robustheit und Sicherheit des Algorithmus.
    • Fehleranfälligkeit, Manipulationsrisiken.
    • Nachvollziehbarkeit und Fairness.
  • Bias und Diskriminierung:
    • Prüfung, ob Ergebnisse benachteiligend sind.

3.3. Systemarchitektur

  • Robustheit und Sicherheit:
    • Prüfung von Cybersecurity-Maßnahmen gegen Manipulation und Angriffe.
  • Skalierbarkeit und Effizienz:
    • Analyse der Performance in unterschiedlichen Anwendungsszenarien.

3.4. Outputs und Konsequenzen

  • Prüfung der Outputs:
    • Genauigkeit und Verlässlichkeit der Ergebnisse.
    • Risiken durch Fehlentscheidungen.
  • Beispiel: Eine medizinische KI wird auf ihre Diagnosegenauigkeit und ihre Auswirkungen geprüft.

4. Durchführung der Auditierung

4.1. Typische Phasen

  1. Planung:
    • Definition des Audit-Ziels und -Umfangs.
    • Identifikation von Rechtsgrundlagen und Standards.
  2. Daten- und Systemprüfung:
    • Technische Analyse der Datensätze und Algorithmen.
    • Prüfung auf Rechtskonformität.
  3. Bewertung und Dokumentation:
    • Erstellung eines Auditberichts mit Empfehlungen.
  4. Follow-Up:
    • Umsetzung der Empfehlungen.

4.2. Verantwortliche Akteure

  • Unternehmen: Betreiber, Entwickler, Datenverantwortliche.
  • Externe Auditoren: Spezialisten für Recht, Technik und Ethik.
  • Behörden: Datenschutzaufsichtsbehörden, Produktsicherheitsstellen.

5. Typische Verträge und Vereinbarungen

  • Data Processing Agreements (DPA): Klärung der Verantwortlichkeiten bei Datenverarbeitung.
  • Audit-Klauseln: Verträge mit Dienstleistern sollten Audit-Rechte enthalten.
  • Service Level Agreements (SLA): Definition von Sicherheits- und Performance-Standards.
  • Vertraulichkeitsvereinbarungen (NDA): Schutz sensibler Daten während der Auditierung.

6. Relevante Urteile und Rechtsvorschriften

  • CJEU, C-311/18 („Schrems II“): Anforderungen an den internationalen Datentransfer bei KI-Systemen.
  • BGH, VI ZR 405/18: Anforderungen an automatisierte Systeme und deren Sicherheit.
  • Produkthaftungsrichtlinie (85/374/EWG): Haftung für fehlerhafte Produkte, einschließlich KI-Systeme.
  • EU KI-Verordnung (Entwurf): Anforderungen an Hochrisiko-KI-Systeme.

7. Ausblick auf zukünftige Entwicklungen

  • Europäische KI-Verordnung: Einführung umfassender Anforderungen an die Auditierung von Hochrisiko-KI.
  • Technologische Standards: Entwicklung einheitlicher Prüfstandards für Algorithmen und Datenqualität.
  • Erklärbarkeit und Transparenz: Fokus auf Explainable AI (XAI), um Vertrauen und Akzeptanz zu stärken.
  • Ethik-Frameworks: Verstärkte Regulierung ethischer Prinzipien bei der KI-Nutzung.

8. Leistungen unserer Kanzlei bei der Auditierung von KI-Systemen

  1. Rechtliche Prüfung:
    • Analyse der DSGVO-Compliance.
    • Bewertung von Haftungsrisiken und Produktsicherheit.
  2. Vertragsgestaltung:
    • Entwicklung rechtssicherer Audit-Klauseln und Vereinbarungen.
  3. Beratung zu KI-Standards:
    • Unterstützung bei der Umsetzung von Anforderungen des AI Act und anderer Vorschriften.
  4. Schulungen und Workshops:
    • Sensibilisierung von Unternehmen für rechtliche Risiken und Auditverfahren.
  5. Vertretung bei Streitigkeiten:
    • Unterstützung bei behördlichen Verfahren oder Rechtsstreitigkeiten.

Mit unserer Expertise begleiten wir Unternehmen, Behörden und Organisationen bei der rechtlichen und tatsächlichen Prüfung ihrer KI-Systeme, um Risiken zu minimieren und rechtliche Anforderungen zu erfüllen.